2/10/2012

"alles ist erleuchtet"

aus dem weltraum können astronauten menschen, die miteinander schlafen, als winzige lichtpunkte sehen. es ist eigentlich kein licht, sondern ein glühen, das man fälschlicherweise für licht halten könnte - ein koitales leuchten, das generationen braucht, um wie honig durch die finsternis zum auge des astronauten zu kriechen. in etwa eineinhalb jahrhunderten - wenn die liebenden, die das glühen erzeugt haben, längst für immer auf dem rücken liegen - wird man die metropolen aus dem weltall erblicken können. sie werden das ganze jahr über leuchten. auch kleinere städte werden zu erkennen sein, wenn auch nur unter schwierigkeiten.

das leuchten ist die summe von tausenden von liebesakten: frisch verheiratete und teenager, die kurz aufblitzen wie feuerzeuge ohne gas, männerpaare, die schnell und hell brennen, frauenpaare, die mit sanft wabernden flammen stundenlang erstrahlen, orgien, die jenen funken sprühenden blechspielzeugen vom rummelplatz gleichen, paare mit unerfülltem kinderwunsch, die dem kontinent ihre frustration einbrennen wie ein helles licht, das, nachdem man sich von ihm abgewandt hat, ein nachbild im auge hinterlässt.

#jsf

1 Kommentar:

  1. Wundervoll! Lieblingszitat (wenn an dieser Stelle kein direktes).

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