4/26/2011

ich weiß nicht genau, wo ich beginnen soll. da ist all die vergangene zeit, die die worte nicht hervorholen wird, da sind die gesichter, das lächeln, die wunden. dennoch muss ich versuchen auszusprechen, was seit über sechszig jahren mein herz nicht zur ruhe kommen lässt.



wir alle wenden so viel zeit dafür auf, nicht zu sagen, was wir wollen, weil wir wissen, dass wir es nicht kriegen können. und weil es unhöflich wäre, oder undankbar, illoyal, kindisch oder banal.


wir wollten immer ein anderes leben, und unsere hoffnung war übergroß, wir standen im alltag oft fremd daneben und dachten: das wirkliche geht erst richtig los.


furchtbar, dass wir leben müssen, aber tragisch, dass wir nur ein leben haben, denn wenn ich zwei leben gehabt hätte, hätte ich eines davon mit ihr verbracht. ich wusste, dass ich dabei war, das zu zerstören, was wir wieder hätten aufbauen können, aber ich hatte nun einmal nur ein leben.


die chinesen glauben, dass ein imaginärer roter faden die menschen miteinander verbindet, die füreinander bestimmt sind, und dass nichts diese verbindung je zerstören kann. weder zeit noch entfernung, noch umstände.


wieviele von uns kennen die wahre geschichte ihrer eltern und großeltern? wieviele von uns geben die geschichte ihres lebens an ihre eigenen kinder weiter? welch ein verlust für die kinder, wenn wir es nicht tun. was sind wir denn anderes als unsere geschichten?


wäre ich ein anderer mensch in einer anderen welt gewesen, dann hätte ich mich auch anders verhalten, aber ich war ich selbst, und die welt war, wie sie war, und deshalb schwieg ich.


ich weiß nicht genau, warum, aber ich habe die vorstellung, dass solche fotos existieren, immer als sehr tröstlich empfunden. wo immer man auch ist auf dieser erde, man kann unmöglich verloren gehen.


die siebzig jahre waren keine siebzig jahre. es waren auch keine siebenhundert jahre. ihre dauer konnte nicht in jahren gemessen werden, genau wie der ozean kein maß für die entfernung war, die wir zurückgelegt hatten, genau wie man die toten nicht zählen kann.


er war im begriff, zu einem menschen zu werden, dem die hälfte dessen, wofür er bisher gelebt hatte, genommen worden war.


ich bin immer noch hier, musst du wissen. du hast versprochen, du würdest bis zu meinem tod so tun, als würdest du mich lieben, und stattdessen tust du so, als wäre ich tot.




ich dachte früher, dass humor die einzige möglichkeit ist, zu verstehen, wie wunderbar und schrecklich die welt ist, und zu feiern, wie groß das leben ist. weißt du was ich meine?




und ich bin verpflichtet, einen dank dafür zu äußern, dass du nicht die wahrheit erwähnt hast, dass ich nicht so groß bin. ich dachte, ich würde bedeutender sein, wenn ich groß bin.



ich dachte über das leben nach, über mein leben, die peinlichkeiten, die kleinen zufälle, die schatten von weckern auf nachttischen. ich dachte über meine kleinen siege nach und all das, was vor meinen augen zerstört worden war.



ich hätte gerne dies ganz raue leben gekannt und gewusst, was zum teufel er in all diesen jahren gemacht hatte, außer so zu lachen und so zu brüllen.


BIST DU GLÜCKLICH?

1 Kommentar:

  1. the old people are those, who have the most experiences.
    theyre the most wise ones.

    http://thelove-ave.blogspot.com

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