2/25/2012

was ich an meinem vater am liebsten mag, ist seine linke hand, die quallenhand. angeblich haben sich meine eltern so kennen gelernt: ein haufen freunde am strand, sie hatten noch kein wort miteinander geredet, als sie zusammen an einem vw-bus standen und mein vater sich in der tür abstützte, die meine mutter mit aller wucht zuschlug. seine hand war vollkommen zerstört, jeder einzelne knochen gebrochen und das fleisch durch die haut geplatzt, es leuchtete ihm rot entgegen. alle sehnen und adern seien zerfetzt gewesen, hat er erzählt und sicher übertrieben. der unfall ist jetzt ein gutes vierteljahrhundert her und er kann die hand wieder normal benutzen, fast alle funktionen sind wieder hergestellt. eine chirurgische meisterleistung, wie er nicht müde wird zu betonen.

als ich klein war, habe ich mich vor seiner hand geeckelt und musste sie mir doch ständig ansehen. saß auf seinem schoß und hielt seine hand in meinen, drehte und wendete und sah sie mir immer wieder an: die vielen kleinen adern, die in komische richtungen laufen, die gespannte haut wie die einer brandblase, die fingerspitzen, an denen hauchdünne nägel wachsen, die aussehen als könnten sie jederzeit durchbrechen oder aufreißen, wenn man nur etwas zudrücken würde. die linke sieht aus wie eine handform genähte qualle. einmal habe ich es im streit gesagt: quallenhand. "du mit deiner quallenhand!" um ihn zu verletzen. irgendwann hat er mir erzählt, dass er froh ist, dass es seine linke ist und nicht die rechte. ich habe ihn fragend angeguckt, weil ich es nicht verstand, er ist linkshänder. "weil ich sie nicht jedem hinhalten muss, zum gruß." natürlich grüßen alle linkshänder auch mit rechts, darüber hatte ich nie nachgedacht.

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